Ups, es sieht so aus, als hättest Du einen Adblocker installiert.
Bitte schalte diesen aus und lade die Seite neu, um unsere Webseite einwandfrei sehen zu können.
Geschichtsstunde Internet: Das erste Werbebanner
Geschichtsstunde Internet: Das erste Werbebanner
27. Oktober 1994, als Datenströme noch Bäche waren und Bildschirme halbe Schreibtische einnahmen: das Werbebanner erblickt das Licht der Welt. Dieses Jahr wird es bereits 25. Doch wie sah das erste Banner aus? Und gab es das überhaupt, ein erstes Banner? Geh mit uns auf Zeitreise.
Es ist der 27. Oktober 1994. Du bist einer der ersten Nutzer des World Wide Web. Einer von wenigen tausenden. Du surfst, wo noch keine Wellen sind. Dein Gateway PC ist hochgefahren, dein Mosaic Browser geöffnet und du starrst gebannt auf den Kulturteil von HotWired.com. Doch es ist kein Artikel, der dich in seinen Bann gezogen hat. Es ist ein 468×60 Pixel großes Rechteck im Header der Seite, das dich in bunter Schrift fragt:
“Have you ever clicked your mouse right HERE?”
Und im selben Atemzug antwortet:
“YOU WILL”
Von Neugierde gepackt, bewegst du den Cursor langsam in seine Richtung.
Das erste seiner Art (?)
Dieses Rechteck war nicht einfach nur eine provokante Grafik, es war ein Werbebanner. Aber das wusste damals niemand. Denn vor dem 26. Oktober 1994 hatte es so etwas im Netz noch nicht gegeben. Aus diesem Grund klickten unglaubliche 44 % der Seitenbesucher vor Neugierde auf das Banner. Doch wer wurde mit dem Banner beworben? Und wohin leitete es weiter?
Bereits ein Jahr zuvor hatte der amerikanische Telekommunikationskonzern AT&T unter dem Namen “You will” eine große Marketing-Kampagne gestartet. Deren Kernstück war eine Reihe von TV-Spots, bei denen der heute weltweit renommierte David Fincher Regie führte. In jedem dieser Spots wurde eine Zukunftsvision vorgestellt (u. a. Videokonferenzen, Smartwatches, Streaming) während Tom Selleck aus dem Off fragte:
“Have you ever XYZ ? You will. And the company that will bring it to you: AT&T”.
Du wirst es bereits erraten haben: Auch das Banner bewarb AT&T. Es leitete Besucher jedoch nicht auf die damals noch rudimentäre und fehlerhafte Unternehmenswebsite weiter. Stattdessen landeten alle Klickfreudigen auf einer Unterseite von Wired.com. Von hier aus konnte man sich entweder zu ausgewählten Seiten des AT&T-Web-Auftritts, einem Fragebogen oder zu internationalen Museen (mit Bildern!) manövrieren. Der Gedanke dahinter: Eine User-Experience schaffen, die das Potential des Internets verdeutlicht.
Dieser spannende Ansatz blieb den Nutzern im Gedächtnis. Zudem knüpfte das Banner an eine erfolgreiche Werbekampagne an und war psychologisch clever designt. Darum setzte sich bald eine Geschichte, ja, eine Legende in vielen Köpfen fest:
Doch ein genauerer Blick zurück entlarvt diese Geschichte als Halbwissen. Denn AT&T hat dieses Banner nicht ins Leben gerufen. Und es war auch nicht das einzige Banner, das an jenem 26. Oktober vor 25 Jahren online geschaltet wurde. Um die wahre Geschichte aufzudecken, müssen wir einen Blick hinter die Kulissen der Seite werfen, die damals die Banner hostete, nämlich Hotwired.com.
Not macht erfinderisch
“Der technologische Fortschritt wird in den nächsten Jahren eine soziale, gesellschaftliche Revolution herbeiführen!” So in etwa könnte man den Gedanken zusammenfassen, auf dem das Technologie-Magazin Wired gegründet wurde.
Bis heute ist das Magazin bei technischen Neuerungen immer vorne mit dabei, geht im Gleichschritt mit dem Fortschritt. Trotzdem saßen damals in der Redaktion keine Propheten. Niemand wusste genau, wie diese Revolution aussehen sollte.
Erst als sich das Internet 1994 immer rasanter entwickelte und immer mehr Nutzer gewann, wurde klar, dass das Internet in der Revolution eine wichtige, vielleicht sogar die zentrale Rolle spielen würde. Und somit wurde auch klar: Wired musste Teil dieser Entwicklung werden.
Dieser Entschluss war jedoch leichter gefasst als umgesetzt. Das Print-Magazin war 1994 nur wenige Jahre alt. Und im Sommer schrieb es erst seit kurzem schwarze Zahlen. Louis Rossetto und Jane Metcalfe, die Gründer der Zeitschrift, waren sich einig: Ein Online-Ableger käme nur infrage, wenn er sich von Anfang an rentierte. Die Frage war also: Wie soll man mit einer Website Geld verdienen?
Da man Abonnenten der Print-Ausgabe nicht doppelt belasten wollte, war ein Abo-Modell ausgeschlossen. Und überhaupt gab es im Internet keine sicheren Bezahloptionen. Online-Banking? Paypal? So etwas hatten nicht mal die Werbespots von AT&T erträumt.
Nein, damit die Online-Redaktion von Wired keinen Hunger zu leiden hatte, musste eine völlig neue Idee her. Man beauftragte den ehemaligen Investmentbanker Andrew Anker damit, einen Businessplan aufzustellen. Sein Ansatz lautete: “Wir bauen hier kein Projekt. Wir bauen kein Produkt. Wir bauen ein Geschäft auf.”
Die völlig neue Idee war letztendlich altbekannt: Wie im Print-Vorbild sollte auf verschiedenen (Web-)Seiten Platz für Werbeanzeigen verkauft werden.
Von der Idee zum Banner
Die kleine Verkaufsabteilung von Wired ließ also ihre Beziehungen zu diversen Werbekunden spielen und machte diesen ein Angebot – ohne so richtig zu wissen, wie dieses lauten sollte. Man einigte sich am Telefon auf 30.000 $ für eine dreimonatige Werbeschaltung. Wie die Banner aussehen sollten und wohin sie weiterleiten würden? Das musste sich im Entwicklungsprozess ergeben.
Trotz dieser Ungewissheit bissen rund ein Dutzend Firmen an. Neben AT&T u. a. Volvo, das Alcopop-Getränk Zima und AT&Ts größter Konkurrent MCI. Der ärgste Konkurrent springt als Pionier auf einem neuen Marketingzug auf? Man hört es förmlich aus der Chefetage klingen: “Das brauchen wir auch!”
Von hier an muss die Geburt der Banner als ein zersplittertes Gemeinschaftsprojekt gedacht werden. Verschiedene Marketing-Agenturen mussten unter hohem Zeitdruck mit Freelancern, Business-Experten und HTML-Programmierern für ihre Klienten etwas schaffen, das es so noch nicht gegeben hatte: Den virtuellen Banner.
Als HotWired.com am 26. Oktober 1994 online ging, erblickten je nach Quelle 6-12 Banner das Licht der digitalen Welt. Sie revolutionierten das Marketing wie kaum ein Werbemittel zuvor. Doch von all diesen Ads ist nur eines in die Geschichte eingegangen. Jenes, das fragte: Have you ever clicked right here?
Eine Revolution
Aber was hat das Werbebanner eigentlich für Neuheiten mit sich gebracht, dass wir heute von einer Revolution der Marketingwelt sprechen? Ist ein Werbebanner nicht nur eine gewöhnliche Anzeige? Nur eben auf einer Website und nicht auf der Seite einer Zeitschrift oder einer Litfaßsäule?
Stell dir einen Fußgänger vor, der unter einer Bahnunterführung hindurch spaziert. Plötzlich bleibt er vor einem Filmplakat stehen. Langsam tritt er näher an es heran. Dann klatscht er mit der rechten Hand schwungvoll in die Mitte des Posters. Nichts passiert.
Der Fußgänger hat nichts neues über den Film erfahren. Er ist dem Ticket an der Kinokasse keinen Deut näher gekommen. Der Verleih weiß weder, dass das Plakat gesehen wurde, noch weiß er, dass jemand Interesse bekundet hat.
Vor dem Online-Banner konnten Werbeagenturen oft nur schätzen. Wie erfolgreich ist meine Kampagne? Wie viele Leute haben die Anzeige gesehen? Mit dem Werbebanner änderte sich dies schlagartig. Seitenaufrufe und Klickzahlen lieferten endlich konkrete Zahlen.
Auf Nutzerseite bedeuteten klickbare Ads endlich (Inter-)Aktion. Egal ob Werbespot, Plakat oder Print-Anzeige – früher mussten Kunden für mehr Infos den umständlichen Weg über den örtlichen Handel oder das Telefon gehen. Seitdem es Display Ads gibt, sind diese Informationen nur einen Mausklick entfernt.
Damals vs. Heute
Was damals auf Hotwired.com seinen Anfang nahm, ist heute ein florierender Werbekanal. Und das, obwohl das Banner viel durchgemacht hat. Die Klickrate liegt mittlerweile nicht mehr bei 44 %, sondern eher im Promillebereich. In den 2000ern wurde sein Ruf durch den massiven Einsatz von Pop-Up-Ads in Mitleidenschaft gezogen. Als Reaktion auf die Überfrachtung an Werbebotschaften erblickte der Ad Blocker das Licht der Welt und nicht wenige “Experten” gingen vom Ende der Display Werbung aus.
Doch Display Werbung ist noch lange nicht tot! Sie verändert sich nur in verschiedene Richtungen. Klar, die klassische Desktopwerbung verliert an Bedeutung. Was blinkt und aufdringlich wirkt, wird heute nicht mehr beachtet. Aber die Verlagerung in die Sozialen Medien und in den öffentlichen Raum (Digital-Out-of-Home) ist auf dem Vormarsch oder bereits Realität.
Es ist an der Zeit, “Have you ever klicked here?” zu digitalem Grabe zu tragen. User sind mittlerweile zu anspruchsvoll, als dass Unternehmen mit einer solch simplen Anzeige erfolgreich sein könnten. Und das ist gut so! Denn damit wird Display sich auch in den nächsten 25 Jahren mit innovativen Ideen und anregenden Creations immer weiterentwickeln.